Vorzeitige Ablösung von Ausgleichsbeträgen im Sanierungsgebiet "Innenstadt" Radeberg - Ergebnisse des zonalen Gutachtens vom 11.04.2016 - Verfahrensnachlass bei freiwilliger, vorzeitiger Ablösung bis 31.12.2016 - Abschlusserklärung der Sanierungsmaßnahme
Vorbetrachtungen:
Mit Beendigung des Förderprogramms "Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen" (SEP) ist nun das Sanierungsverfahren "Innenstadt" Radeberg nach 25 Jahren Städtebauförderung zum Abschluss zu bringen. Damit verbunden ist die gesetzliche Verpflichtung zur Erhebung von Ausgleichsbeträgen. Gemäß der Sanierungssatzung "Innenstadt" Radeberg wird die Sanierungsmaßnahme unter Anwendung der besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften der §§ 152 bis 156 BauGB durchgeführt, d.h. in dem klassischen Sanierungsverfahren sind die besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften (Erhebung von Ausgleichsbeträgen) anzuwenden. Seit Beginn des Sanierungsverfahrens hat sich das Ortsbild der Innenstadt Radeberg positiv verändert. Es wurden Gebäude modernisiert und instandgesetzt sowie nicht mehr zu erhaltende Bausubstanz abgerissen und öffentliche Straßen, Wege und Plätze saniert und gestaltet. Dafür wurden bis Ende 2015 ca. 21 Mio. EUR investiert, davon ca.14 Mio EUR Städtebaufördermittel von Bund und Land aus dem Bund-Länder Programm "Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen" (SEP) sowie dem Landessanierungsprogramm "Städtebauliche Erneuerung" (LSP) eingesetzt. Die eingesetzten Sanierungsmittel haben nicht nur dazu beigetragen, dass die Innenstadt Radeberg lebenswerter und attraktiver wurde, sondern sie haben auch den Wert der im Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücke beeinflusst. Gemäß § 154 Abs. 1 BauGB hat der Eigentümer eines im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücks zur Finanzierung der Sanierung an die Gemeinde einen Ausgleichsbetrag in Geld zu entrichten, der der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwertes seines Grundstücks entspricht (sanierungsbedingte Bodenwerterhöhung). Die sanierungsbedingte Bodenwerterhöhung besteht aus dem Unterschied zwischen dem Bodenwert, der sich ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre (Anfangswert) und dem Bodenwert, der sich durch die rechtliche und tatsächliche Durchführung der Sanierung ergibt (Endwert). Die Differenz zwischen dem Endwert und dem Anfangswert ergibt die sanierungsbedingte Bodenwerterhöhung in €/m². Es ist zu beachten, dass die Anfangs- und Endwerte nicht unterschiedliche Zeitpunkte wiederspiegeln, sondern für unterschiedliche Zustände (Qualitäten) der Grundstücke im Sanierungsgebiet stehen. Um konjunkturelle Einflüsse auszuschließen, wurden beide Bodenwerte auf ein- und denselben Zeitpunkt (Stichtag der allgemeinen Wertverhältnisse: 31.12.2014) ermittelt. Zu diesem Wertermittlungsstichtag wurden die Grundstücksqualitäten am Anfang der Sanierung (für den Anfangswert: 30.09.1991 vor Beschluss zum Beginn der Vorbereitenden Untersuchungen) und am Ende der Sanierung (für den Endwert: 31.12.2017 geplanter Abschluss der Sanierung) zugrunde gelegt. Gemäß Baugesetzbuch hat die Stadt Radeberg spätestens nach Beendigung der Sanierungsmaßnahme Ende 2017, d. h. nach der Aufhebung der Sanierungssatzung per Satzungsbeschluss, den Ausgleichsbetrag vom Grundstückseigentümer per Bescheid zu erheben. Eine vorzeitige, freiwillige Ablösung des Ausgleichsbetrages vor Abschluss der Sanierung ist gemäß § 154 Abs. 3 BauGB möglich. Eine Finanzierung der von den Eigentümern im Sanierungsgebiet zu zahlenden Ausgleichsbeträge durch die Stadt zur Entlastung der Eigentümer ist mit dem Baugesetzbuch nicht vereinbar, gemäß § 154 Abs. 1 BauGB besteht eine Erhebungspflicht. Es gibt zwei Methoden der Ermittlung der Ausgleichsbeträge, die herkömmliche Methode der Ermittlung des sanierungsbedingten Bodenwertzuwachses nach § 154 Abs. 2 BauGB (Regelfall) und die kostenorientierte Berechnungsmethode nach § 154 Abs. 2a BauGB, bei der der Aufwand für die Erweiterung und Verbesserung von Erschließungsmaßnahmen auf die Grundstücke im Sanierungsgebiet umgelegt wird. Da die kostenorientierte Methode bisher in der Praxis kaum Anwendung fand (gesetzlichen Voraussetzungen sind zu beachten) und diese Methode sich eher bei homogenen Sanierungsgebieten eignet, ist deren Anwendung für das Sanierungsgebiet "Innenstadt" Radeberg nicht zu empfehlen (siehe auch Gutachten S. 18).
zu Beschlusspunkt 1.:
Die Stadt Radeberg hat zur Ermittlung der Ausgleichsbeträge die Anfangs- und Endwerte des Bodenwertes gutachterlich ermitteln lassen. Mit dem nun vorliegenden zonalen Gutachten der Projektgruppe 4 - Arbeitsgemeinschaft für die Wertermittlung in Sanierungsgebieten / Sachverständigenbüro Lutz Schneider aus Wilthen wurden für 16 Wertzonen im Sanierungsgebiet die sanierungsbedingten Bodenwerterhöhungen zwischen 10,70 €/m² und 2,50 €/m² ermittelt (siehe Anlage 1 und 2). Diese gutachterlich ermittelten sanierungsbedingten Bodenwerterhöhungen bilden die Grundlage für die Ermittlung der Ausgleichsbeträge. Die Größe eines Grundstücks stellt dabei die Bemessungsgrundlage dar. Zu diesem Punkt erfolgt die Vorstellung des Gutachtens durch das Büro Schneider. Für ca. 400 beitragspflichtige Flurstücke im Sanierungsgebiet ergibt sich auf der Grundlage dieses Gutachtens und unter Vorbehalt weiterer Prüfungen eine geschätzte Gesamteinnahme aus den Ausgleichsbeträgen von ca. 1.200.000,00 € (bei Berücksichtigung eines möglichen Verfahrensnachlasses von 20% bei vorzeitiger Ablösung) - siehe Anlage 3. Nach Prüfung des § 155 Abs. 3 BauGB (sog. Bagatellklausel) ist festzustellen, dass die Stadt Radeberg von den Festsetzungen des Ausgleichsbetrages nicht absehen kann, da keine geringfügigen Bodenwerterhöhungen gutachterlich ermittelt wurden und der Verwaltungsaufwand für die Erhebung des Ausgleichsbetrages in einem angemessenen Verhältnis zu den möglichen Einnahmen steht. Daher schlägt die Verwaltung vor, das Gutachten als weitere Arbeitsgrundlage für die Ausgleichsbetragsermittlung im Sanierungsgebiet "Innenstadt" Radeberg anzuwenden.
zu Beschlusspunkt 2.:
Die Stadt Radeberg ist gemäß Baugesetzbuch verpflichtet, den Ausgleichsbetrag nach Aufhebung der Sanierungssatzung von den Eigentümern grundstückskonkret per Bescheid zu erheben. In der Gesamtabrechnung der Sanierungsmaßnahme wird die Einnahme per Bescheid dann als negativer Betrag verankert, der an Bund/ Land abzuführen ist. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit einer vorzeitigen, freiwilligen Ablösung des Ausgleichsbetrages gemäß § 154 Abs. 3 Satz 2 BauGB zugelassen. Vorzeitig heißt vor Ende des Sanierungsdurchführungszeitraumes bzw. vor Aufhebung der Sanierungssatzung (geplantes Ende 2017) d.h. der Ausgleichsbetrag kann, während das Sanierungsverfahren noch läuft, bezahlt werden. Die während des laufenden Sanierungsverfahrens vorzeitig durch Ablösung erzielten Einnahmen dürfen zu 100% bei der Stadt verbleiben zwecks Verwendung für die Finanzierung von bereits vorfinanzierten Maßnahmen bzw. noch geplanten Sanierungsmaßnahmen im Gebiet. Gemäß geltender Verwaltungsvorschrift Städtebauliche Erneuerung des Freistaates Sachsen vom 20.08.2009 kann bei einer vorzeitigen, freiwilligen Ablösung des Ausgleichsbetrages bis zu einem Jahr vor dem geplanten Abschluss der Sanierungsmaßnahme ein Verfahrensnachlass von bis zu 20 % auf den Ausgleichsbetrag gewährt werden. Auf die Schreiben vom Sächsischen Staatsministerium des Innern vom 18.04.2011 und 26.03.2012 in Anlage 4 wird verwiesen. Die Stadtverwaltung Radeberg schlägt vor, diese maximal mögliche Abschlagshöhe von 20% auf den Ausgleichsbetrag bis ein Jahr vor dem geplanten Sanierungsabschluss zu gewähren, da die jetzige gültige Verwaltungsvorschrift dies zulässt. Mit diesem 20% Nachlass wird eine gewisse Wertermittlungsunsicherheit für die bisher noch nicht erfolgten Sanierungsmaßnahmen (Abbruch August-Bebel-Str. 3 und 5 mit Freiflächengestaltung sowie weitere Sanierungsmaßnahmen am Schloss Klippenstein) berücksichtigt, d.h. damit wird das Risiko, das diese Sanierungsziele und damit die prognostizierte Bodenwerterhöhungen nicht erreicht werden, zugunsten des Ausgleichsbetragspflichtigen reduziert werden. Aufgrund des geringen Zeitraumes bis Ende 2016 ist auf eine Staffelung des Nachlasses zu verzichten. Die Anwendung der maximalen Höhe des Nachlasses ist auch damit begründbar, dass die im Gutachten ermittelten sanierungsbedingten Bodenwerterhöhungen sich auf Wertzonen beziehen. Die Bodenrichtwerte sind Durchschnittswerte für gebietstypische Grundstücke in der Wertzone. Sie beinhalten keine besonderen Umstände und Eigenschaften, die nur bei einzelnen Grundstücken vorkommen. Nur ein Einzelgutachten, welche bei der Erhebung per Bescheid erforderlich sind, würde die Eigenschaften des betreffenden Grundstückes berücksichtigen. Somit würde der Verfahrensnachlass bei der vorzeitigen, freiwilligen Ablösung auch diese Spannweite des zonalen Wertes berücksichtigen. Die noch ausstehenden Maßnahmen können nur umgesetzt werden, wenn der Stadt aus der vorzeitigen Ablösung entsprechende Einnahmen zur Verfügung stehen. Daher ist es im Interesse der Stadt, dass möglichst viele Eigentümer noch vor Sanierungsabschluss den Ausgleichsbetrag ablösen, um alle geplanten Sanierungsziele umsetzen zu können. Dies sollte im Interesse des Fördermittelgebers stehen. Bei der Annahme, dass ca. 30 % der ausgleichsbeitragspflichtigen die Möglichkeit der vorzeitigen Ablösung mit Verfahrensabschlag nutzen, ist eine Einnahme von insgesamt 360.000,00 € im Zeitraum bis Ende 2016 möglich. Für diese Einnahme ist der Wiedereinsatz als Aufwendungen / Investitionen geplant bzw. die Refinanzierung bereits vorfinanzierter Maßnahmen. Gemäß Haushaltsplan ist für die Jahre 2016 und 2017 im Sanierungsgebiet Innenstadt der Abbruch der August-Bebel-Str. 3 und 5 mit anschließender Freiflächengestaltung vorgesehen sowie in Abhängigkeit von der Einnahmehöhe die Weiterführung der Sanierungsmaßnahmen am Schloss Klippenstein sowie die Refinanzierung der Ausgaben zur Sanierung des Rathauskomplexes Markt 17 geplant. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist ungewiss, ob diese geplanten Sanierungsmaßnahmen tatsächlich bis Ende 2017 umgesetzt werden können, da deren Finanzierung abhängig ist von der Einnahme aus der vorzeitigen Ablösung des Ausgleichsbetrages. Um diese geplanten Vorhaben noch vor Sanierungsabschluss umsetzen zu können, ist die Stadtverwaltung sehr daran interessiert, dass möglichst viele Eigentümer den Ausgleichsbetrag vorzeitig ablösen. Folgende Vorteile der vorzeitigen Ablösung ergeben sich u.a.:
Zur Ausgleichsbetragsablösung sind grundstückskonkrete schriftliche Ablösungsvereinbarungen zwischen der Stadt und den Eigentümern notwendig (siehe Anlage 5). Der Abschluss erfolgt auf freiwilliger Basis und auf Interessensbekundung. Um einen Verfahrensnachlass gewähren zu können, ist die Interessensbekundung zur Ablösung des Ausgleichsbetrages und die Unterzeichnung der Vereinbarung bis zum 30.11.2016 bei der Stadtverwaltung einzureichen, der Zahlungseingang hat bis zum 31.12.2016 zu erfolgen. Nach dem 31.12.2016 sind bis zur förmlichen Aufhebung der Sanierungssatzung Ablösungsvereinbarungen weiterhin möglich, jedoch ohne Verfahrensnachlass. Mit der vorzeitigen Ablösung ist die Ausgleichsbetragspflicht des Eigentümers abschließend und endgültig Genüge getan. Das heißt, nach Abschluss der Sanierung fällt kein weiterer Ausgleichsbetrag an. Die Stadtverwaltung wird alle beitragspflichtigen Eigentümer in einem Informationsschreiben über den Abschluss der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme und der Möglichkeit der vorzeitigen Ablösung des Ausgleichsbetrages gemäß § 154 Abs. 3 Satz 2 BauGB informieren.
zu Beschlusspunkt 3.:
Für den Abschluss von Ablösevereinbarungen mit den Eigentümern wird der Oberbürgermeister bevollmächtigt, auf der Basis dieses Beschlusses entsprechende öffentlich-rechtliche Verträge (sog. Ablösevereinbarungen) abzuschließen.